Nicht nur für die Musik ist Mutter Natur eine von mir viel geliebte Quelle der Energie und Ideen. Als Ausgleich zur täglichen digitalen Flut und besonders in der letzten Zeit genieße ich daher ausgedehnte Ausflüge in die Nachbarschaft. Nennt es gerne auch Spaziergang.
Man könnte meinen, dass man nach einigen Monaten regelmäßiger Erkundungen alle Straßen und jeden Wegpunkt kennt. Aber glücklicherweise muss ich feststellen, dass man auch nach Jahren noch neue Orte entdeckt. So habe ich zum Beispiel erst sehr spät ein Juwel von Rückzugsort entdeckt, dass sich ganz in der Nähe befindet. Inmitten des Wohnviertels liegt ein großes Stück Wiesen- und Waldgebiet, das sich gut versteckt, die meisten Bewohner kennen es natürlich gut.
Neben großen freiläufigen Flächen, auf denen viele gerne picknicken, gibt es auch ein großes Netz aus engen Wegen, die zwischen Bäumen und dichten Sträuchern hindurch führen.
So wage ich mich bei meiner letzten Erkundung durch das Gebiet auf einen sehr schmalen Pfad, der nicht sehr bewandert aussieht. Er führt mich nach und nach immer dichter in die Natur, die hier so richtig schön unberührt ist. Die Bodengewächse holen sich so langsam den Weg zurück und Dornenranken machen das Vorankommen ein wenig abenteuerlich. Von den fliegenden Bewohnern, die man lautstark hören kann, hüpfen viele entspannt durchs Unterholz. Ich fühle mich ganz wie in einer anderen Welt. Habe ich wirklich vor 10 Minuten meinen Häuserblock verlassen? Hier höre ich keine Straße und keinen Baulärm.
Die Wege gabeln sich immer wieder und ich wähle nach Gefühl - gespannt, wo ich dieses Mal lande. Mal finde ich farbenfrohe Blütenkelche, die entspannt wachsen, wo sie sich wohl fühlen. Irgendwo komme ich an einem Bauwerk aus alten Ästen vorbei. Nach einer ganzen Weile sehe ich Jugendliche, die sich an einem kleinen Rastplatz nieder gelassen haben. Einige Male komme ich nicht weiter oder stelle fest, dass ich im Kreis gelaufen bin, doch es bleibt der schönste Moment des Tages.
Dabei merke ich, wie selten ich doch eigentlich so ziellos bin wie heute. Wie sehr man diese Erfahrung genießen kann, eben, weil man nirgendwo angekommen will. Ich fühle mich mutig, wie ich es sonst gar nicht bin. Weil alles sonst immer so geplant ist und man immer schon vorher weiß, wo es hin gehen soll. Ziele setzen, Pläne erfüllen, Wegpunkte erreichen - immer und immer wieder.
Auch wenn mein heutiger Ausflug kein Ziel hatte, nehme ich einen Wunsch, eine Idee mit. Nicht nur im Wald werde ich Wege finden, die unscheinbar sind, aber an wunderbare Orte führen.
Tiefer hinein gehen.
Bis zum nächsten Mal und passt auf euch auf! Anja